Riesa & Dommitzsch

Die Erinnerung an die Vergangenheit ist immer auch eine Säule des Wissens der Gegenwart

An einem nebligen Novembermorgen, kurz nach Sonnenaufgang trafen sich 19 Vereinsmitglieder und Gäste um zur letzten Vereinsexkursion 2008 zu starten.

Nach der Begrüßung und Einweisung durch unseren Exkursionsleiter Burkhard Hollwitz starteten fünf PKW vom Dresdner Postplatz um zum ersten Ziel zu gelangen.

Gegen 9 Uhr dreißig trafen alle auf einem großen Besucherparkplatz in Riesa ein. Hier gesellte sich auch Daniel Rast zu uns.

Vom Parkplatz aus führten uns die Fußspuren des Nudel-Riesen zum schön sanierten, denkmalgeschützten Backsteinbau der Teigwarenfabrik Riesa aus dem Jahre 1914, dem letzten existierenden Teil der ehemaligen Großeinkaufs-Gesellschaft Deutscher Consumvereine Riesa-Gröba.

Die GEG wurde bereits im Jahre 1893 von der deutschen Consum-Genossenschaft gegründet, um durch zentralen Einkauf günstige Preise für die Genossenschaft zu erzielen. Im Jahre 1903 beschloß die Vereinigung auch die Herstellung und Produktion eigener Waren, anfangs im Lager der Hamburger Zentrale, später verstärkt in genossenschaftseigenen Fabriken.

Die erste eigene Fabrik war die Seifenfabrik in Riesa Gröba. Am gleichen Standort folgten 1914 die Teigwarenfabrik und später die Riesaer Zündwaren. Binnen weniger Jahre wurden über 50 eigene Produktionsstandorte errichtet, verteilt über das ganze Gebiet des Deutschen Reiches.

Die ehemals benachbarten Fabriken der Riesaer Zündwaren und des Konsumseifenwerk Riesa sind nach Besitzerwechsel in neue Gebäude im benachbarten Gewerbegebiet gezogen und lassen inzwischen teilweise im Ausland produzieren.

Die Teigwarenfabrik ist seit 1993 als Teigwaren Riesa GmbH ein Tochterunternehmen der schwäbischen Alb Gold GmbH.

Im Erdgeschoß zog es die neugierigen Dresdner Gäste zuerst in das Nudel-Kontor, wo eine reiche Auswahl an Nudelspezialitäten, Geschenkkörben und anderen Produkten der Region auf Käufer wartete. Hier gab es Nudeln in allen Formen, Farben, Größen und Geschmacksrichtungen, darunter viele Sorten, die es so im Handel nicht gibt, wie z.B. Pfefferkuchennudeln.

Im Obergeschoß wurde in einem kleinen Museum die Firmengeschichte erläutert. Leider konnte man die historischen Maschinen nicht besichtigen, da diese derzeit in ein neues Gebäude umziehen, wo sie ab 2009 präsentiert werden sollen.

Aber mittlerweile war es auch bereits 10 Uhr und uns erwartete bereits Frau Kahl, eine nette junge Dame die uns nach einer einleitenden Filmvorführung die gläserne Produktion zeigen wollte.
Vorher mußten sich aus hygienischen Gründen alle mit Mantel und Haube verkleiden, da die Führung quer durch die ehrwürdigen Hallen, mitten durch die Produktionslinien für Kurzware (Makkaronichips usw.) und Langware (Spaghetti…) führte.

Hier herrschte teilweise ein ganz schöner Lärm, immerhin stellt jede Produktionslinie bis zu 6500 Packungen Nudeln in der Stunde her. Dabei läuft vom Mischen des Teiges aus Hartweizengrieß, Wasser und Eiern bis zum Pressen der Form durch Matrizen (zu unserer Enttäuschung gab es keinen Makkaronilochbohrer zu sehen), dem Schneiden und Trocknen bis zur Verpackung alles vollautomatisch. Die älteren Produktionslinien stammen noch aus der DDR, die neuesten aus dem Mutterland der Pasta Italien. Wir konnten den Weg der Rohmaterialien über die noch weichen Nudeln und die Trockenkammern bis zur Folienpackmaschine verfolgen.

Nachdem wir nun über den Werdegang der Nudel umfassend informiert waren, ging es ins hauseigene Nudelrestaurant Makkaroni, wo auf jeden bereits eine „Nudelzeitung“ mit integrierter Speisekarte wartete. Das Essen (natürlich Nudeln in allen Varianten) war schmackhaft und reichlich und die Preise waren moderat.

Im Anschluß wurden die Autos mit Beuteln voller Nudeln beladen und weiter ging die Fahrt nach Dommitzsch, dem nördlichsten Zipfel Sachsens im Dreiländereck zu Sachsen-Anhalt und Brandenburg.

Pünktlich 14 Uhr trafen wir am IuK-Schulungs- und Referenzzentrum der Polizei Sachsen ein, wo uns bereits Polizei-Hauptkommissar i.R., Herr Döring erwartete.

Erfreut über die große Anzahl fernmeldebegeisterter Besucher führte er uns in seine „Heilige Halle“, einen großen Raum in dem eine Vielzahl von Funk-, Fernschreib- und Telefon-Technik ausgestellt ist. Obwohl Herr Döring im Ruhestand ist, widmet er sich zweimal wöchentlich der Pflege, Reparatur und dem Erhalt der Exponate, so daß er uns die teils über 50 Jahre alte Technik funktionsfähig vorführen konnte. In einem Rundgang durch die Sammlung erläuterte er die Funktionsweise und die Einsatzgebiete ausgewählter Exponate, die im Laufe der Jahre zur Ausstattung der Deutschen Volkspolizei und später auch der sächsischen Polizei gehörten. Man konnte sehr schön die Entwicklung der großen, schweren Funktechnik der 50er Jahre, die noch auf Entwicklungen der Vorkriegsjahre beruhte, bis zu modernen und leistungsstarken Geräten der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts verfolgen. Auch eine Nebenstellenanlage auf Hebdrehwählerbasis, eine Schiffskleinanlage SK 350 war zu bewundern, leider nicht betriebsfähig. Ergänzt wurde die Ausstellung durch eine Vielzahl funktionsfähiger Fernschreiber aus Ost- und West.

Nach ca. zweistündiger Besichtigung, Fachsimpelelei und angeregten Gesprächen verabschiedeten wir uns von einem Enthusiasten, der versprach, uns bald in unserer Sammlung zu besuchen.

Nach den ca. 100 km Heimweg auf individueller Fahrtroute, erreichten alle Teilnehmer gegen 18 Uhr wohlbehalten wieder die Heimat. Ein erlebnisreicher und interessanter Exkursionstag ging zu Ende, für deren Organisation wir uns bei Burkhard ganz herzlich bedanken möchten.

(Text & Bilder Samir Köckritz)