Im Gegensatz zur TF-Technik erfolgt die Übertragung der einzelnen Kanäle zeitlich nacheinander. PCM ist die Abkürzung für „Pulscodemodulation“. Zuerst wird das elektrische Signal genügend schnell immer im gleichen Zeitabstand abgetastet. Man erhält damit von jedem Fernsprechteilnehmer nacheinander einen Abtastpuls. Dessen Amplitude wird mit vorgegebenen Amplitudenstufen verglichen. Bei der Kodierung wird jeder Amplitudenstufe ein 8-bit-Kodewort zugeordnet, das anschließend als L-0-Folge (bipolarer Leitungscode +L,-L,0) über Kabel oder Lichtwellenleiter zur Gegenstelle gesendet wird. In der Gegenstelle wird die ankommende Pulsfolge wieder in das ursprüngliche analoge Signal zurückgewandelt, dabei um wenige Millisekunden verzögert, aber frei von Nebengeräuschen.
Die ersten PCM-Systeme konnten 30 Fernsprechteilnehmer über eine Vierdrahtleitung übertragen, daher die Bezeichnung PCM 30 (= Primärfolge). Später waren Bündelungen von 120 Teilnehmern (= Sekundärfolge) bzw. 480 Teilnehmern möglich.
Das Prinzip der PCM-Technik ist das Grundmodell jeder digitalen Informationsverarbeitung und -Übertragung im Internet und auch beim Mobilfunk.
PCM-Systeme mit 30 Kanälen
Das System stellt 32 sogenannte Zeitschlitze zur Verfügung. In jedem dieser Zeitschlitze kann man einen Sprachkanal übertragen. Da Sendestelle und Empfangsstelle absolut synchron arbeiten müssen und auch Ruf- und Signalkennzeichen zwischen den Stellen auszutauschen sind, können nur 30 Zeitschlitze zur Sprachübertragung genutzt werden. Die 32 Zeitschlitze werden nacheinander periodisch abgetastet und die vorgefundenen Abtastwerte nacheinander über die Übertragungsleitung übertragen. Im Ergebnis entsteht eine Impulsfolge von 2,048 Megabit (umgangssprachlich auch als 2 Megabit bezeichnet).
PCM 30/32 Gestell
(VEB Fernmeldewerk Leipzig ca. ab 1972, VEB Nachrichtenelektronik Greifswald ca. ab 1973)
In einem Gestell 2300x600x225mm (HxBxT) befinden sich Baugruppen in Form von Steckkarten für die Hin- und Rückübertragung von 30 Fernsprechkanälen über eine Vierdrahtleitung. Die Wahl- und Gebühreninformationen aller 30 Kanäle werden jeweils dem 16. Zeitkanal zugeordnet. Die Verarbeitung erfolgt in einem gehenden oder in der Gegenstelle in einem kommenden Kennzeichenumsetzer. Darüber sind die Baugruppen der elektromechanischen Vermittlungstechnik direkt verbunden. Die Funktion der einzelnen Steckkarten wird noch mit diskreten Bauelementen (Transistoren, Widerstände, Dioden, Kondensatoren) gewährleistet. Für jeden Kanal sind mehrere Karten erforderlich. Aus der Zuordnung 0. Zeitkanal -> Rahmensynchronsignal und 16. Zeitkanal -> Kennzeichensignale ergibt sich die Bezeichnung 30/32 (32 Zeitkanäle, davon 30 Sprachkanäle).
Die PCM 30/32 wurde über Kupferkabel betrieben. Das Leitungssignal musste je nach Kabeltyp und Anzahl der betriebenen Systeme etwa aller 2-4 km durch Repeater regeneriert werden.
Bild 1: PCM 30/32, Teilansicht mit Kennzeichenumsetzern, 23 NF-Karten und Bedienfeld
PCM 30 Gestell
(VEB Nachrichtenelektronik Greifswald, ca. ab 1980?)
Die rasche Entwicklung hochintegrierter Bauelemente führte zu einer Verkleinerung der Baugruppen und damit zur Entwicklung des Systems PCM 30 mit vier Systemen je Gestell. In einem Gestell 2300x600x225mm (HxBxT) sind in 8 Etagen 4 Primärfolgen (je 30 Kanäle) und in zwei weiteren Etagen ganz unten 4 Leitungsendregeneratoren und Fernspeisestromquellen untergebracht. Die elektrische Funktion unterscheidet sich nicht wesentlich vom vorher beschriebenen System. Es wird aber nur ein Viertel des Platzes benötigt, weil u. a. die Analog-/Digitalwandlung für 3 Kanäle und die Kennzeichenumsetzung für 2 Kanäle auf je einer Steckkarte erfolgen.
Die PCM 30 wurde über Kupferkabel betrieben. Das Leitungssignal musste ebenfalls wie beim Vorgängersystem durch Repeater regeneriert werden. Das System PCM 30 kann sowohl mit dem Schnittstellencode HDB 3 als auch mit AMI betrieben werden. Im Modus AMI ist eine Zusammenschaltung mit einer Endstelle PCM30/32 in bestimmten Einsatzfällen möglich.
Bild 2: PCM 30, Teilansicht mit 2 kompletten Systemen mit Stromversorgung, zentralen Karten, NF-Karten und Kennzeichenumsetzern
PCM 30 Endstellengestell
(Siemens AG, ehemalig VEB Nachrichtenelektronik Greifswald, Baujahr ab 1990)
Seit 1990 wurde in der ehemaligen DDR u.a. PCM 30 – Technik in Schmalgestellbauweise 2300x121x225mm (HxBxT) eingesetzt. In einer „Stange“ befinden sich 2 PCM 30- Endstellensysteme. D.h. die Kapazität wurde im Vergleich zum Vorgängersystem PCM 30 durch hoch integrierte Bauweise um das 2,5-fache erhöht. Die Umsetzung der 30 Kanäle von je 300 Hz – 3400 Hz in die Bitrate von 2,048 Mbit/s entspricht prinzipiell den vorher entwickelten PCM 30- Systemen. Wesentlich ist, dass die in die ehemalige DDR gelieferten PCM 30- Systeme extra an die abweichenden Schnittstellen der dort eingesetzten Vermittlungstechnik angepasst wurden.
Bild 3: Zwei halbe Schmalgestelle (Teilansichten) mit je einem PCM 30- System Siemens (30x Kennzeichenumsetzer, Stromversorgung, Abfrageeinrichtung, zentrale Blöcke)
PCM 30 Endstellengestell
(Philips AG, Standort Nürnberg, angepasste Variante , Baujahr ab 1990)
Die Philips AG (wie auch andere Firmen; z.B. Siemens AG, ANT Nachrichtentechnik und Standard Elektrik Lorenz) produzierte für das Nachrichtennetz der ehemaligen DDR ab 1990 PCM 30 in Schmalgestellbauweise 2300x121x225mm (HxBxT). Die Systeme, gleich welcher Hersteller, sind konstruktiv ähnlich. Die elektrischen Schnittstellen sind identisch. Wesentlich ist, dass die in die ehemalige DDR gelieferten PCM 30- Systeme extra an die abweichenden Schnittstellen der dort eingesetzten Vermittlungstechnik angepasst wurden.
Bild 4: Zwei halbe Schmalgestelle (Teilansichten) mit je einem PCM 30- System Philips (30x Kennzeichenumsetzer, Stromversorgung, zentrale Blöcke)
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PCM-Systeme für 120 Kanäle
Vier Primärfolgen (als Primärfolge wird das Signal eines PCM 30-Sytems bezeichnet) werden über einen Codec zu einer Impulsfolge von etwas mehr als 8 Megabit zusammengefasst und gemeinsam übertragen – es entsteht dadurch eine Sekundärfolge. Das System PCM 120 wurde über Kupferkabel betrieben. Die Grenze des technisch Machbaren war aber hier erreicht. Erste Versuche des Betriebes über Glasfaser fanden statt. Im bei uns vorhandenen Gestell ist ein solches System untergebracht.
PCM 120 Gestell
(VEB Nachrichtenelektronik Greifswald, ca. ab 1979)
Mit dem Übertragungssystem PCM 120 konnte ein weiterer Schritt zur Digitalisierung des Fernsprechnetzes begangen und die Mehrfachausnutzung des bestehenden Kabelnetzes weiter erhöht werden. In einem Gestell 2300x600x225mm (HxBxT) können 8 Etagen mit je einer Digital-Multiplex-Einrichtung (DME 2/8) und 4 Etagen mit je 2 Leitungsendein-richtungen für 8 Mbit/s (LEE 8) bestückt werden. Eine DME 2/8 vereinigt 4 Primärfolgen (je 30 Kanäle, 2,048 Mbit/s) zu einer Sekundärfolge (120 Kanäle, 8,448 Mbit/s).
Auf dem Bild sind in den Etagen 1, 3, 4 und 5 je eine DME 2/8 eingesetzt. Die Etage 2 ist mit einer LEE 8 bestückt. In den Platz rechts daneben könnte eine weitere LEE 8 eingesetzt werden, aber dort sind nur Abdeckbleche verbaut.
Das PCM 120-Gestell im Bild wurde für den Betrieb über Kupferkabel eingesetzt. Das Leitungssignal von 8,448 Mbit/s musste im Kabel durch Repeater regeneriert werden. Der Repeaterabstand betrug je nach Kabeltyp und geplanten Endausbau ca. 0,850 bzw. 1,7 km.
Der Betrieb über Lichtwellenleiterkabel war ebenfalls möglich, erforderte aber eine veränderte Gestellvariante mit angepasster Bestückung.
Es gab auch eine kombinierte Gestellvariante mit 4 Systemen PCM 30 und einem PCM 120-System.
Bild: PCM 120-Gestell, Teilansicht mit vier 2/8 Etagen mit DME und einer halbbestückten Etage mit einer LEE 8
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PCM-Systeme für 480 Kanäle
Fasst man wiederum vier Sekundärfolgen (die Signale von vier PCM 120-Systemen) zusammen, entsteht eine Signalfolge von etwa 34 Megabit. Diese Signalfolge (PCM 480) konnte über Kupferkabel oder Glasfaserkabel übertragen werden. Unsere Sammlung zeigt beide Ausführungen.
PCM 480 L-System
(VEB Nachrichtenelektronik Greifswald, ca. ab 1994-1998)
Ab den 1980er Jahren wurde die Nachrichtenübertragung über LWL (Lichtwellenleiter) intensiviert. Ein Beispiel dafür ist die optische Übertragung von 480 Sprachkanälen. Ein elektrisches Signal von 34,368 Mbit/s wird in einer LEE 34 (Leitungsendeinrichtung für 34 Mbit/s) in ein optisches Signal gewandelt und über ein LWL-Kabel zur Gegenstelle gesendet. Hier erfolgt die Wandlung in das ursprünglich elektrische Signal. Im konkreten Fall erfolgte die Übertragung über Multimodefasern mit 850 nm Wellenlänge (erkennbar am optischen Sender B 4736 und optischen Empfänger B 4740). Die weiteren Blöcke sind für Funktionen wie Kodierung, Dekodierung, Schnittstellenanpassung, Überwachung und Stromversorgung eingesetzt. Die dargestellte Etage ist für zwei LEE 34 bestückt. Im Gestell können u.a. bis zu 12 Systeme LEE 34 untergebracht
Bild: Sytemetage mit zwei Leitungsendeinrichtungen
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PCM 480 S
Die Leitungseinrichtungen PCM 480 S wurden für zweigleisig verlegte, polystyrolisolierte symmetrische Kupferkabel entwickelt. Auf Grund übereinstimmender Kabelparameter wurde auch der sogenannte „Südring“ ab 1988 digitalisiert.
„Südring“: Mitte der 1960er Jahre erfolgte der Ausbau mit röhrenbestückten TF-Einrichtungen des Systems V60/120. Ringförmig beginnend in Berlin wurden die südlich liegenden Bezirksstädte der DDR (Suhl, Erfurt, Gera, Karl-Marx-Stadt, Dresden, Cottbus, Leipzig, Halle, Magdeburg, Potsdam) miteinander durch 8- bzw. 16-paarige zweigleisige Kabel verbunden. Etwa aller 18 km wurden unbesetzte, ferngespeiste, mit Röhren bestückte Zwischenverstärker installiert. Das darüber realisierte Netz bildete die Grundlage für den Selbstwählferndienst in der DDR.
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PCM 480 S-Endgestell
Hersteller: VEB Fernmeldewerk Bautzen, 1988
Unser PCM 480 S-Endgestell (2600 x 600 x 225 mm, H x B x T) ist nur in der unteren Gestellhälfte mit PCM 480-Baugruppen bestückt. Dort sind neben Baugruppen des Dienstverkehrs vier Systemetagen mit Leitungsendeinrichtungen zur Übertragung von PCM-Signalen mit einer Bitrate von 34 Mbit/s untergebracht. In den Leitungsendeinrichtungen wird der Code der 34 Mbit/s-Schnittstelle in einen binären Leitungscode 5B6B umgewandelt.
Fernspeiseetagen können leider nicht gezeigt werden. Jeder Stamm wird einzeln gespeist (Adern a und b parallel gegen Erde). Der Fernspeisestrom beträgt 150 mA, die Fernspeisespannung kann in Abhängigkeit von der Anzahl der Regeneratorpunkte bis 850 V betragen.
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Regeneratorbehälter PCM 480 S
(steht am Eingang in den TBR) , Hersteller: VEB Fernmeldewerk Bautzen, 1988
Ein durch Nebensprechen und Dämpfung im Kabel verformtes Digitalsignal wird durch die Regeneratoren wieder in die Ursprungsform gebracht.
Ein Regeneratorbehälter kann entweder in Kabelschächten aufgestellt, vollständig vergraben oder in begehbaren Kesseln untergebracht werden. Er ist feuerverzinkt, bei Erdvergrabung mit zwei Lagen Bitumenbinden umwickelt und damit sehr korrosionsfest. Der Behälter und die vier angeschlossenen Kabel stehen unter Druckluft. Ein Druckabfall wird gemeldet. Den Zugang zu den Inneneinrichtungen erhält man über einen verschraubbaren Deckel. Jeder Behälter bietet Platz für acht
Regeneratoreinschübe. In einem Einschub sind alle Baugruppen einer digitalen Grundleitung zusammengefasst:
– zwei Leitungsregeneratoren 34 Mbit/s (≙ 480 Kanälen)
– zwei Dienstleitungsverstärker
– Baugruppen für Fernspeisung und Fehlerortung
Der Abstand zwischen zwei Regeneratoren ist abhängig vom Aderndurchmesser des verwendeten Kabels, beim „Südring“ etwa 4,5 km.
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Entwicklung nach 1990
Die Erneuerung der Fernmeldeinfrastruktur führte dazu, dass alle Fernverbindungen mittels Glasfaserkabel realisiert wurden. 34-Megabit-Systeme wurden in kurzer Folge durch neue Systeme ersetzt. Kapazitätserhöhungen je Faserpaar erfolgten um den Faktor 4 oder Vielfachen von 4. Gegenwärtig werden Systeme mit 64 x 10 Gigabit eingesetzt, das entspricht reichlich 7 Millionen Gespräche je Faserpaar.